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Anstoß für die Reformation - die Glaubensgrundsätze Martin Luthers
veröffentlicht 30.10.2023
von Online-Redaktion der EKHN
Martin Luther wollte die damalige Kirche reformieren. Was waren seine Ideen, die sich bis heute auf den evangelischen Glauben auswirken?
Der Reformationstag erinnert an Ereignisse, die über 500 Jahre zurückliegen: Mit der Situation der katholischen Kirche im 16. Jahrhundert n. Chr. war der Mönch und Professor Martin Luther unzufrieden. Durch seine kritischen Schriften brachte er die Reformation ins Rollen.
epd-Video: Darum geht es am Reformationstag
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Zunächst war die Reformation als Erneuerungsbewegung gedacht, mit der Martin Luther und andere Reformatoren die damalige Kirche reformieren und Missstände beseitigen wollte. Viele Bischöfe benutzten beispielsweise ihr Amt allein dazu, Reichtum anzuhäufen. Luther wollte, dass sich Kirche und Gläubige wieder mehr an den Schriften der Bibel orientieren. Ihm und anderen Reformatoren wie Huldrych Zwingli gelang jedoch nicht eine Reform der bestehenden Kirche. Aus der Reformationsbewegung entwickelte sich die evangelische Konfession. Der entstandene evangelische Glauben ist mit diesen Ideen verwurzelt:
Neue Ideen der Reformation:
Vertrauen auf die Gnade Gottes
Die damalige Kirche versprach einem Sünder, dass er sich vor dem Fegefeuer rettet, indem er Ablassbriefe kauft und gute Taten vollbringt. Von dieser Vorstellung hielt Martin Luther nichts. Er vertrat die Ansicht, dass Gott in erster Linie nicht ein strafender Gott ist, sondern dem Menschen mit Liebe begegnet. Vergebung und Gnade kann man nicht kaufen. Die schenkt Gott allein aus Gnade.
Gute Werke aus Liebe
Nach mittelalterlicher Auffassung trugen gute Taten dazu bei, Gott gnädig zu stimmen. Die Reformatoren dagegen lehrten: Spenden für arme Menschen oder Hilfe für den Nächsten sind gut. Aber damit kann man sich nicht das Wohlwollen Gottes sichern. Nach Luthers Auffassung ist es selbstverständlich, anderen zu helfen, da der Mensch die durch Gott erfahrene Liebe an andere weitergibt.
Bibel statt Papst
Im Mittelalter glaubten viele Christen, was ein Priester oder der Papst verkündete. Die meisten hatte nicht die Möglichkeit, die Aussagen in der Bibel zu überprüfen. Die Bibel war damals sehr teuer und nur in Latein geschrieben. Die damalige Kirche konnte die Heilige Schrift so auslegen, wie sie es für richtig hielt. Als Mönch las Luther die Bibel genau. Er stellte fest, dass in der Bibel nicht steht, dass ein Papst das Oberhaupt der Kirche ist. Für Luther ist allein die Bibel und Christus die Richtschnur, an der sich die Gläubigen orientieren sollen. Folglich lehnte er die Autorität des Papstes und seine kirchlichen Anweisungen und Gesetze ab. „Solange mein Gewissen durch die Worte Gottes gefangen ist, kann und will ich nichts widerrufen“, sagt Luther 1521 auf dem Reichstag in Worms. Entscheidend ist nicht, was ein Papst oder ein Konzil sagt, sondern was in der Bibel steht.
Priestertum aller Gläubigen
Nach Martin Luther ermöglicht der Heilige Geist jedem getauften Christen, die Bibel zu verstehen. Aus diesem Grund übersetzte Luther das Alte und das Neue Testament ins Deutsche und forderte, dass jeder lesen und schreiben lernt. Er war überzeugt, dass jeder, der die Bibel selbst lesen kann, sich auch an der Reform der Kirche beteiligt.
Zwei Sakramente
Die katholische Kirche kennt sieben Sakramente, also Handlungen, die nur ein geweihter Priester ausführen darf: Taufe, Abendmahl, Beichte, Firmung, Eheschließung, Krankensalbung, Priesterweihe. Für die evangelische Kirche gibt es aber nur zwei Sakramente, die Taufe und das Abendmahl. Auch in diesem Punkt orientierte sich Luther an der Bibel, in der er nur die Taufe und das Abendmahl als „heilige Handlungen“ bezeugt sieht. Ein Sakrament ist für Luther: Jesus selbst hat es in der Bibel begründet. Und es hat ein äußeres Zeichen, also das Wasser bei der Taufe, Brot und Wein beim Abendmahl.
Freiheit eines Christenmenschen
Martin Luther schrieb ein kleines Buch über die Freiheit des Christenmenschen, das mit zwei widersprüchlichen Sätzen beginnt. „Ein Christ ist ein freier Mensch und niemandem untertan“, lautet der erste Satz. Dann folgt: „Ein Christ ist ein Knecht und jedermann untertan.“ In der Spannung dieser beiden Sätze entfaltet sich für Luther die persönliche Freiheit. Luther wollte damit die Menschen von selbst ernannten Vordenkern befreien und sie ermutigen, ihr Gewissen selbst anhand biblischer Texte zu schärfen. Es bedeutet aber auch, dass die eigene Freiheit stets auch die Freiheit anderer berührt und keinen Platz lässt für reinen Egoismus. So beendet Luther sein Buch mit dem Grundsatz: „Der Christ lebt nicht in sich selbst, sondern in Christus und seinem Nächsten, in Christus durch den Glauben, in seinem Nächsten durch die Liebe.“
Ehe statt Zölibat
Durch den Gleichheits-Grundsatz des „Priestertums aller Gläubigen“ ist ein besonderer Lebenswandel für Geistliche nicht mehr notwendig: Pfarrer dürfen heiraten.
Gottesdienst in deutscher Sprache
Den Gottesdienst halten die Pfarrer, die sich zur evangelischen Lehre bekennen, nicht mehr in lateinischer, sondern in deutscher Sprache. Der Ablauf des Gottesdienstes ist unterschiedlich: Während Luther es weitgehend bei der alten Gottesdienstordnung belassen hat, fielen in Gebieten, die Huldrych Zwingli reformierte, große Teile der Liturgie weg. Für Zwingli zählte ausschließlich, was in der Bibel steht. Viele liturgische Gesänge, aber auch christliche Bilder hielt er für unnötig.
Abendmahl: Erinnerung an Jesus oder Anwesenheit Christi?
Jeder evangelische Christ trinkt während des Abendmahls Wein aus dem Kelch, nicht mehr allein nur der Pfarrer. Uneinig sind sich die Protestanten allerdings, was Brot und Wein bedeuten: Für die Anhänger Luthers (Lutheraner) ist Christus durch die gesprochene Sakramentsverheißung in Brot und Wein gegenwärtig. Die Anhänger Zwinglis (Reformierte) sind dagegen der Auffassung, dass das Abendmahl an Jesus erinnert und ihn so vergegenwärtigt. Jahrhunderte lang konnten deshalb lutherische und reformierte Christen nicht gemeinsam Abendmahl feiern. Sie haben sich erst 1973 in der sogenannten „Leuenberger Konkordie“ auf ein gemeinsames Verständnis geeinigt: Beide gehen davon aus, dass Christus beim Abendmahl gegenwärtig ist – „mit Brot und Wein“. Das „mit“ lässt offen, wie das geschieht.